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https://archive.org/details/homerischebecher50robe

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F IT N F ZI (iS T E S ? R 0 G II A M M

ZUM

W 1 N C K E L M A N N S F E 8 T E

DER

AROH GEOLOGISCHEN GESELLSCHAFT ZU BERLIN

MIT 5 TAFELN UND 37 TEXTABBILDUNGEN

BERLIN

DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER

THE GETTY CENTER LIBRARY

I ii li a 1 t.

Seite

Carl Robert, Homerische Becher. Mit 22 Textabbildungen 1

Franz Winter, Ueber ein Vorbild neu- attischer Reliefs. Mit 3 Tafeln und

11 Textabbildungen 97

Adolf Furtwängler, Eine ar (/wische Bronze. Mit 1 Tafel und 3 Textabbildungen 125 Adolf Furtwängler, Orpheus. Attische Vase aus Gela. Mit 1 Tafel und 1 Text- abbildung 154

Verzeichnis der Mitglieder 165

Verzeichnis der Winchelmannsprog ramme 171

Y

'

.1

Homerische Becher

von

Carl Robert.

I.

Gattung und Name.

Als Nero, so berichtet Sueton, au dem Tage, der vor der Nacht seiner Ermor- dung vorherging, beim Mahle sitzend die Kunde von dem Abfall der germanischen Heere erhielt, stürzte er die Tafel um und schmetterte seine beiden Lieblingsbecher, die er wegen ihres bildlichen Schmucks „homerische“ nannte, zur Erde Nero 47: nuntiata interim etiarn ceterorum exercitiium1') elefectione , litteras prandcnti sibi redditas concerpsit, men- sain subvertit , duos scyphos gratissimi usus, quos Homer ios a caelatura carmi- num Homeri voeabat, solo inlisit etc. Nicht solche goldenen oder silbernen Pracht- stücke, wie sie die Tafel des kaiserlichen Kunstfreundes schmückten, wohl aber deren schlichte, aus Thon gefertigte Surrogate sind in den letzten Jahren mehrfach zu Tage gekommen. Der umsichtigen und energischen Leitung des Berliner Antiquariums ist es gelungen, eine ganze Reihe besonders interessanter Exemplare zu erwerben, über die ich an unserem vorigjährigen Winckelmannstage kurz berichten durfte. Schon vorher hatte die T/f7(]j.zpu dpxat<AoYtxTj, die nach dem beklagenswerthen Aufhören unserer unvergess-

b Dass damit die germanischen Heere gemeint sind, lehrt die Vergleichung mit Cassius Dio 63, 27; s. Mommsen im Hermes XIII S. 100.

Winckelmanns-Prograram 1890.

1

liehen Annali sich schnell den ersten Platz unter den archäologischen Zeitschriften der Gegenwart errungen hat, vier solcher in die Sammlung des Polyteclmion gelangter Becher, von trefflichen Erläuterungen des Nestors der athenischen Archäologie St. Kumanudis be- gleitet, veröffentlicht (1884 rJv. 5. 1887 -(v. 4); einen fünften, der seinen Weg in das Louvre gefunden hatte, brachten die Monuments grec-s No. 14 IG Annees 1885 1889 Vol. II pl. 8 mit Text von E. Pottirr, und endlich hat auf Grund einer ungemein scharfsinnigen Combination A. S. Murray ( Classical Review 1888 p. 327) ein seit Jahren im Britischen Museum befindliches Thonfragment demselben Kreise zugewiesen.

Homerische Becher im strengsten Sinne können allerdings nur die vier mit Dar- stellungen aus der Ilias und Odyssee geschmückten Gefässe heissen; doch wird man die Bezeichnung im weiteren Sinne auch auf die Becher mit Darstellungen aus dem sog. epischen Cyclus oder dem troischen Sagenkreis überhaupt ausdehnen dürfen, wie ja auch Theodoros seinen den ganzen troischen Krieg umfassenden Bildercyclus als xdet; 'Op.ijpoo bezeiehnete. Nur wenige gleichartige Becher enthalten Darstellungen aus anderen Mythen- kreisen und zwar aus den beiden nächstberühmten, dem thebanischen und dem des Hera- kles. Gemeinsam ist allen diesen Darstellungen der mythographische Grundzug, durch den sie, wie bereits Sr. Kumanubis treffend bemerkt hat, in eine Reihe mit den ilischen Tafeln und den übrigen „Bilderchroniken“ treten. Sie unterscheiden sich dadurch scharf von den übrigen nach Form und Technik verwandten Gebissen, deren Reliefschmuck selbst da seinen ausschliesslich ornamentalen Charakter behält, wo einmal, was selten genug der Fall ist, wirklich eine mythische Scene dargestellt wird. Man vergleiche z. B. die von Furtwängler Sammlung Sabouroff I Taf. 73 veröffentlichten Becher mit Amazonen- Darstellungen, namentlich den zweiten, der eine an Achill und Penthesileia erinnernde Gruppe enthält; hier lässt schon die Zufügung der beiden symmetrisch gestellten Pane, noch mehr aber die mehrmalige Wiederholung derselben Gruppe auf demselben Gefässe deutlich erkennen, dass die Figuren lediglich als Ornamente gelten sollen. Unsere Becher hingegen wollen erzählen oder richtiger illustriren, und das gegenständliche Interesse überwiegt fast durchweg das decorative.

Abgesehen von diesem lediglich den figürlichen Schmuck betreffenden Unterschied reihen sich indessen die homerischen und die übrigen mythographischen Reliefbecher ihrem äusseren Charakter nach durchaus der erwähnten Gefässklasse an. Sie sind, wie jene, aus einem röthlichen Thon gefertigt, dem man durch Brennen oder durch Firnissüberzug, meist freilich mit sehr geringem Erfolg, ein schwarzes metallartiges Aussehen zu geben suchte, aus einer Form gepresst, ausserordentlich dünn und leicht zerbrechlich. Mit Ausnahme einer einzigen, den Künstlernamen des Dionysios tragenden Flasche sind es halbkugel- förmige Trinkgeräthe, eine Form, die auch bei jener Gefässklasse bei weitem die häufigste ist. Bekanntlich hat man in diesen Thongefässen lange Zeit einstimmig die im Alter-

thume weit verbreiteten vasn Samia erkannt2), bis Dümont3) und Benndorf4), auf die Thatsache gestützt, dass für die meisten der ihnen bekannten Exemplare als Fundort Megara angegeben wurde, die Bezeichnung megarische Befasse ein führten ; allein auch diese konnte sich nicht halten, nachdem in den letzten Jahren besonders Boiotien zahlreiche Exemplare dieser Gattung geliefert hatte. Ueberdies ist Benndorfs Argument, dass die gewöhnliche Becherform schlagend durch den Namen yuctXai charakterisirt werde, den wo- durch Philetas bei Athen. NI 467c5) als megarische Glosse kennen, noch weniger zwin- gend, wie Furtwängler Sammlung Sabouroff zu Tat. 73 annimmt. Denn yoaXcu ist nicht bloss eine megarische, sondern auch eine makedonische Glosse, wie das von Athenaios an derselben Stelle angeführte Ci tat aus dem Historiker Marsyas verglichen mit Hesych v. *,'odXot», Et. M. p. 243, 13 lehrt6). Auch folgt aus den Worten des Philetas keines- wegs, dass die yuotXai ein charakteristisches Product megarischer Töpferei waren oder dass sie überhaupt in Megara gefertigt wurden. Weiter bezeichnet •potX'zi nur die Form des Gefässes, nicht die Technik; und endlich kann ich den Vergleich dieser halbkugel- förmigen Becher mit dem Brust- oder Blickenstück eines Panzers gar nicht für so be- sonders treffend halten, wie Benndorf und Furtwängler thun. Ein Gelass mit ovalem Querdurchschnitt, wie das axacpiov, würde viel grösseren Anspruch auf die Bezeichnung yuaka haben. Hingegen wird die halbkugelförmige Gestalt sehr drastisch bezeichnet durch das Wort pas-öc, das wir als paphischen Gefässnamen durch Athen. XI 487 b7 8) kannten und jetzt aus den Tempelinventaren von Delos {Ball, de corv. hell. VI 1882 p. 33 1. 44. 93) und Oropos (’Eco. dp-/. 1890 p. 7 1. 11. 23. 27 u. ö.) auch als dclisch und boiotisch kennen gelernt haben. Wir ersehen aus diesen Inschriften, dass Becher von dieser Form auch aus Silber hergestellt und wie der Zusatz ispöc lehrt, beim Gottesdienst gebraucht wurden *). Mocatö? ist somit der an einzelnen Orten gebräuchliche Name für diese Becher-

3) Siehe vor allem 0. Jahn Her. d. sächs. Ges. d. Wissensch. 1854 Phil. hist. CI. S. 33: Marquardt-Mau Das Privatleben der Römer 11 S. 661: Biroii Hist, of poliert/ S. 346 ff.; Blümner Gewerbl. Thätigk. im Alterth. S. 47, Technologie II S. 69.

3) Les ceramiques de la Grece propre 1 p. 50 n. 10.

4) Griech. u. sicil. Yasenbilder III S. 118.

5) ITAAA2. (DiX/j-cä? £v ’Atöcxtois Meyapcac oüm> ®rj5t v.akzct zd Tco-rjpia yoctXac. flaphsvioc

6 ö zoä Aiovuai'ou cv u “cpi Ttov wapd tot; iatopr/oT; Ae£etov C'O ~ o j ja e v to v cprjat * 'yudXac TTOTTjpi'o-j stoo;, io; Mapauac ypdcpsi o kpsuc zoö clIpor/.Xeo'JS ou-wc 'ötav da er) 6 ßaaiXsuc sic trjv tt&Xiv, ürravrav oivoo TrXrjprj yuctXccv b/o-izd. tiv«, töv 8s Xaßdv-ra cttevosiv.” Dazu bemerkt v. Wilamowitz in Kaibels Athenaiosausgabe treffend : non Marsyam sacerdotem Juisse, sed cum qui regi obviatn isset.

6 ) Hesych. yoaXac eI8oc TiOTTjpi'ou rcapd MazsSdci. Et. M. ybciXoc' slooc -orrjpi'ou rtapd Mcotsodaiv. Vgl. Ritsche Opuscula I p. 463.

') MA2T02. ’AiroXXdocopoc b lvjprjvaioc, ibc II dp. cp iX de cprjGi, Ilaipi'o’Je -rö rcox^ptov outiuc zccXsiv. Vgl. Hesych. p.aatoc- rror^piov.

8) S. die vortreffliche Besprechung der oropischen Inschrift von Br. Keil im Hermes XXV S. 598 ff. Das Gewicht der in diesem Inventar genannten silbernen [i.oiazoi schwankt zwischen 50 und 153 Drachmen: auch \mazia werden aufgeführt, von denen das schwerste 45, das leichteste 38 Drachmen wiegt.

1*

4

form, die attisch vermuthlich v.o-ö)^ liiess9), aber auch, wie es von Sueton geschieht, als er/ucpoc betrachtet werden konnte10). Für die paphische oder boiotische Pro- venienz der Gefässe ist indessen die Bezeichnung uoccrro; so wenig beweisend, wie es der Name youka für ihren megarischen Ursprung wäre, wenn er anders diesen Gefässen überhaupt zukommt. Welcher Grund bleibt dann aber noch , der uns bewegen könnte, die Identificirung mit den rasa Samia aufzugeben und die Classi- ficirung dieser Gefässe mit Pottier Mon. grecs II p. 48 zu den ungelösten Fragen der Archäologie zu rechnen? Passt nicht Alles, was wir von den samischen Gefässen hören, ihre Einfachheit und Wohlfeilheit11), ihre Dünne und Zerbrechlichkeit12), ja auch ihre weite Verbreitung durchaus auf diese Vasenklasse? Es lässt sich doch mit Sicherheit erwarten, dass uns von einer so gebräuchlichen Gefässart, wie der samischen, Exemplare erhalten sind, aber es dürfte schwer fallen, in unseren Museen eine andere Vasensorte ausfindig zu machen, bei welcher alle Indicien so zutreffen, wie bei dieser. Wie man sieht, hat man den Namen vasa Samia etwas voreilig und auf sehr dürftige Gründe hin aufgegeben. Nur darf man natürlich die Bezeichnung nicht so verstehen, als ob alle Gefässe dieser Art in Samos selbst gefertigt seien ; es ist, wie Marquardt und Blümner richtig bemerken und auch die antiken Zeugnisse mehr oder minder deutlich zu verstehen geben13), ein Gattungsname. In Samos ist die Fabrication dieser Gefässe zuerst erfunden und geübt, dann aber an vielen Orten nicht nur der Inseln und Klein- asiens, sondern auch des griechischen Mutterlandes nachgeahmt worden. Die Producte dieser Fabrikstätten gingen als samische Gefässe, allerdings nur die der griechischen, während die italischen Fabrikate offen als Campana supellex, Cumani calices, vasa Airretina u. s. w. bezeichnet wurden. Man wird also gut tliun, den Namen vasa Samia bei zu behalten, aber ihn auf die griechische Waare zu beschränken.

9) Diodor der Aristophaneer bei Äthenaios XI 478e (vgl. 478b) sagt von der xoxüA rj: xüAixa piv oüx Etvai, ob yj. p e^eiv uita, TrapaTA/jsiov o’ üixxpyctv Aouxrjpttj) ßa&Et, Troxrjpi'ou os eiöo; elvai; ferner bezeichnet Apollodoros von Athen ebenda. 479a die xotuAtj als TOTTjpfou xi ysvo; ü'LrjÄov xal eyxoiAov und setzt hinzu: tm') oe To xoiAov xoxuArjV exceAoov oi TraAatot, w; xal xcüv yz tpcöv xotAov; von der hohlen Hand ist ohne Zweifel auch der Name auf das Gefäss übertragen. Diese Stellen genügen zur Identificirung. Die überaus zweckmässige Form rechtfertigt durchaus den Ausspruch des Eratosthenes, der sie xdAAiaxa y.od EÖ-OTioTctT« iy.rt(up.o£Tiuv nennt (bei Athen. XI 482 b).

10) Dass auch der henkellose Becher in römischer Zeit und wohl schon früher Skyphos heisst, wird gewiss jetzt allgemein anerkannt, vgl. 0. Jahn Griech. Bilderchroniken S. 40 A. 264. Der Becher, den Herakles auf der Albanischen Tafel und häufig auf Sarkophagen hält und der doch gewiss der Skyphos sein soll, hat genau die Form wie unsere homerischen.

n) Lucilius Sat. lib. XIII v. 382 Lachrn. : et non, pauper uli , Sarnio curtoque catino; Plaut. Stich. 2693 suum quemque clecet: cjuibus divitiae domi sunt, scaphiis cantharis \ Pontiacis hibunt; nos nostro Sarniolo poterio \ bibimus ; Tibull II 3, 47 at mihi laeta trcihant Samiae vonvieia testete.

*'2) Plaut. Bacch. v. 202 scis tu ut confringi vas cito Samium solet.

13) Isidor origin. XX, 4, 3 fietilia vasa in Samo insula prius inventa traduntur, facta ex creta et indurata igne, unde et Samia vasa.

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Den saudischen Gefässen in diesem weiteren Sinne haben wir also auch die homerischen und die übrigen mit mythischen Scenen geschmückten Becher zuzurechnen; doch hat man bei diesen nach der Art, wie die Modellform hergestellt war, zwei Klassen zu unterscheiden. Bei einem Theil nämlich waren die Figuren und Ornamente, wie das bei der grossen Masse der samischen Gefässe üblich ist, mit besonderen Stempeln der Form oder auch dem fertigen Gefässe aufgedrückt, ein Verfahren, das dem Arbeiter bei der Aus- wahl und Anordnung der Figuren grosse Willkür gestattete. Die Beischriften sind in diesem Fall meist auf das fertige Gefäss mit einem trichterförmigen Instrument, nach Art des heutigen Zuckergusses, aufgetragen. Bei der anderen Klasse, zu der die homerischen Becher im engeren Sinne gehören, waren die Formen selbst Abdrücke vollständig ausgeführter Modelle, die auch schon die Inschriften enthielten14). Es wäre denkbar, dass man diese Modelle lediglich für die Fabrikation dieser Thonwaare hergestellt hätte; aber weit wahr- scheinlicher ist es, dass die Modelle Originalarbeiten griechischer Toreuten aus Silber waren, solche Becher also, wie sie Nero besass und das Silberinventar des Amphiaraos- Heiligthums verzeichnet15). Für diese Annahme spricht zunächst der Stil der Relief- darstellungen, der durchaus an getriebene und nachciselirte Metallarbeiten erinnert und sich von dem Stil der gestempelten samischen Gefässe wesentlich unterscheidet. Auch würden eine Reihe eigenthümlicher Erscheinungen auf unseren Thonbechern dann am leichtesten ihre Erklärung finden; so bei den Inschriften der unvollständige Abdruck, ja das völlige Fehlen einiger Buchstaben, bei vielen Figuren der Ausfall alles feineren, oft für das Verständniss unerlässlichen Details, Erscheinungen, die sich bei den in zwei Exemplaren erhaltenen Bechern gleichmässig wiederholen, also nur in der Beschaffenheit der Form ihre Ursache haben können. Man beachte z. B. das halbirte M auf dem Lesohesbecher E oder die Bartlosigkeit des Priamos auf dem zweiten Iliasbecher D. Alles das würde sich sofort erklären, wenn wir annehmen, dass die Form entweder ungeschickt oder über einem schon beschädigten Original genommen war. Manches, wie die ver- muthlich im Original durch feine Ciselirung angegebenen spärlichen Barthaare des Priamos, musste so ganz naturgemäss verloren gehen. Ist diese Voraussetzung richtig, und ich sehe nicht, was sich Stichhaltiges dagegen einwenden liesse, so spielten also die uns er- haltenen Becher im Alterthume eine ähnliche Rolle, wie unsere heutigen Gipsabgüsse; es sind Copieen berühmter toreutischer Werke, die sich im Privatbesitz oder, wie die p-aexot des Amphiareions, in den Schätzen der Heiligthümer befinden mochten und durch diese Nachbildungen weiteren Kreisen zugänglich gemacht wurden. Natürlich sind

H) S. Kumanüdis ’Ecp. dp-/. 1884 S. 62 A. 1.

15) Auch die scyphi urnales und die capicles des Trimalcliio (Petron. 52) gehören hierher, vgl. unten.

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sie auch als Nachbildungen, gerade wie unsere Gipsabgüsse, von sehr verschiedenem Werth. Das Londoner Oidipus- und das Athenische Aias-Fragment (M und F) geben die hohe Vollendung der Originale annähernd wieder, während die meisten der übrigen Becher, und darunter gerade die homerischen im engeren Sinne, die Schönheit ihrer Originale nur unvollkommen ahnen lassen.

Die beiden eben constatirten Klassen sind also sowohl kunsthistorisch als mythographisch von ganz verschiedener Bedeutung und müssen somit auch in der Be- sprechung streng geschieden werden. Hier mehr oder weniger gelungene Nachbildungen nach guten Originalen tüchtiger Toreuten, dort Originalarbeiten, aber Originalarbeiten mehr oder weniger unbedeutender Töpfer, die bei ihren Compositionen ziemlich willkürlich ver- fuhren. Indem ich als erste Klasse die aus abgedrückten, als zweite die aus gestempelten Formen hergestellten Gefässe bezeichne, gebe ich zunächst eine kurze U ebersicht sämmt- licher mir bekannt gewordener Exemplare in der Reihenfolge, wie ich sie im Folgenden besprechen werde :

I. Klasse.

1) Homerische Becher.

Odyssee.

A) Freiermord, Melanthios, Berlin.

B) Freiermord, Leiodes, Medon, Phemios, Berlin.

Ilias und Aithiopis.

( ■) Flucht nach den Schiffen, Athen.

D) Priamos und Achill. Penthesileia, Berlin und Brüssel.

Lese lies.

E) Kampfscenen, Berlin und Brüssel.

F) Wahnsinn des Aias, Athen.

G) Kampfscenen, Athen.

II) Fragment einer Kampfscene, Athen.

I) Tod des Priamos, Athen.

Vorgeschichte.

K) Raub der Helena durch Theseus, nach einem kyklischeu Epiker (?).

L) Opfer der Iphigeneia, nach Euripides, Athen, Berlin, Brüssel.

2) Thebanischer Kreis.

M) Euripides Phoinissen, London.

II. Klasse.

1) Troischer Kreis.

a) Iliupersis, Berlin.

I») Opfer der Polyxena, Berlin.

2) Thebanischer Kreis.

c) Kindheit des Oedipus, Paris.

d) Sieben gegen Theben, Berlin.

3) Herakles.

e) Sechs Thaten, Berlin.

4) Sisyphos.

f) Erzeugung des Odysseus, Kanne des Dionysios, Berlin.

8

II.

Odyssee.

A) Berlin, Ivönigl. Antiquarium J. N. 3161 n. Vorzüglich erhalten, nicht gebrochen. Am oberen Rand Flechtband und Astragalenschnur ; am Fuss Rosette von Flechtband umgeben. Höhe 0,073, oberer Durchmesser 0,111. Aus Anthedon. Zeichnung von Lübke.

Der figürliche Reliefschmuck des Bechers illustrirt in drei Scenen eiue Episode des F reiennords, die Ein f a n g u n g u n d B e s t r a f u n g des Ziege n h i r t e n M e 1 a n t h i o s , / 161—235.

In der ersten Scene, die auf unserer Abbildung fast die ganze linke Hälfte der aufgerollten Bildfläche einnimmt, sind Eumaios und Philoitios im Begriff dem Ziegen- hirten Melanthios in der Waffenkammer, wo er Waffen für die Freier holen wollte, die Hände auf dem Rücken zu fesseln. Sie haben ihm, so erzählt die Odyssee, hinter dem Pfosten der Kammerthür aufgelauert, als er, mit einem Helm in der einen, mit dem Schild, den einst Laertes in seiner Jugend geführt hatte, in der anderen Hand, die Schwelle überschreiten wollte, haben ihn zu Boden geworfen und an Händen und Füssen gefesselt. So zeigt denn auch die Darstellung den vorwärts hingestürzten Melanthios und hinter ihm

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den Schild des Laertes, den er den Freiern bringen wollte. Auf ihm kniet der Sauhirt Eumaios, in Helm, gegürtetem Chiton (oder Panzer?) und Stiefeln, und biegt dem ge- stürzten die Arme auf den Rücken zusammen, um sie zu binden. Von links bringt der Kuhhirt Philoitios, in gleicher Tracht, wie Eumaios, den kräftigen Strick herbei, an dem der verrätherische Ziegenhirt hangen soll. Koch weiter links deuten drei Schilde und vielleicht zwei Speere, wenn anders die unklaren Striche das bedeuten sollen, das in der Kammer lagernde Rüstzeug an. Rechts vor dem Kopf des Eumaios scheint der Pfosten der Kammerthüre angedeutet zu sein, zum Theil von der Beischrift bedeckt.

Die über dem hingeworfenen Melanthios zur Erläuterung der Scene angebrachte Inschrift war nur nach langer Bemühung zu entziffern, wobei die freundliche Hilfe- leistung von P. Herrmann und 0. Kern sowie das scharfe Auge des Zeichners Herrn Rübke mich wesentlich gefördert haben. Sowohl die rauhe Oberfläche des (Jefasses als der stumpfe Abdruck und die starke Abscheuerung der Buchstaben erschweren die Lesung ausserordentlich, um ßo mehr als sie schon in der Form nicht mehr ganz scharf abge- drückt gewesen zu sein scheinen. Doch darf die in unserer Zeichnung eingetragene und hier in Typen wiederholte Abschrift, die ich zu verschiedenen Malen nachgeprüft habe, wohl im Wesentlichen als gesichert gelten:

BHAAYOISO ONAEM . AA ')

N OlOSAIPOAOSAirßNOlSßN TEYXEAKAAANOIHSEAEAIOS;

YffioPBos;

5 KOYPIZENAAPEAfilAEXAMA!

BAAONAXNYMENO N K H P

EPoAASXEl PASTE AE

. . OYMAATEIAESM.Q

Die vier ersten Zeilen enthalten die Odysseeverse y 161. 162.

ß9j o otühic {)[d/vcoj.]övoi M[s]ka|v(fl)toc Gtnrokoc atyfitv, ol'stuv | xeoysa xaka votvjas os 6ib? | ocpopßo;, die vier letzten die Odysseeverse y 188. 189.

xoopt'6, sv SaTtsooui os ya pcd | ßakov dyvupsvov xrjp, j [aov 6]s z6o ac ysipa? zs osj[ov] (ö)upakyst osapto.

Dass hinter ocpopßoc in der vierten Zeile keine Buchstaben mehr folgten, hat f urtw ängler aul meine Bitte nochmals ausdrücklich constatirt. Der horizontale Strich zwischen der vierten und fünften Zeile, der auch in den beiden anderen Beischriften wiederkehrt, zeigt an, dass mit Auslassung einer Anzahl von Versen zu einer späteren

b Q, nicht ö, hier und stets auf dem Becher; die abweichende Wiedergabe auf der Abbildung' beruht auf einem Versehen.

"Winckelmanns-Programm 1890. 2

10

Stelle übergesprungen wird. xoupt£ am Anfang der fünften Zeile ist ohne den vorher- gehenden Vers 187 x<L o ap’ eWs'zvh’ k\ixrtv spuaocv xs aiv eibto unverständlich und sinn- los; denn dass der Künstler es mit ßaXov verbunden haben sollte, so dass os an vierter Stelle stehen würde, ist kaum anzunehmen. Besser wäre also xoupic überhaupt weg- geblieben; aber offenbar stand dem Künstler die Integrität des Verses höher, als die Ver- ständlichkeit der Beischrift, ein Princip, das indessen sonst von ihm nicht immer beob- achtet wird. Es ist daher auch die Annahme nicht ganz abzuweisen, dass auf dem Original in der vierten Zeile noch Buchstaben, etwa Ipuadv xs p.iv stija», folgten, die in der Form nicht abgedrückt waren, ocoöt? Z. 1 (V. 161) ist die dem Verfertiger des Bechers ge- läufigere Form der xoiw' statt des homerischen aoxic. Die Schreibung voi 'rpz Z. 3 (V. 162) für vovjas hat, wie mich mein College W. Dittenbergeu erinnert, auf attischen Inschriften seit dem Ende des vierten Jahrhunderts zahlreiche Analogieen, die man bei Meisterhans Gramm, d. att. Inschr. 2. Aull. S. 45 gesammelt findet; so ßoirgir'aavxsc C.I.A. II 121, 24, ctvo/ot/j C.I.A. II 729, 15, 856,5 u. A. Das Iota des Dativs ist in SaTrsÖuu 5 gesetzt, in ocspwh 8 ausgelassen.

ln der zweiten Scene, die sich links an die erste anscldiesst, also in unserer Abbildung das rechte Ende des abgerollten Bildstreifens einnimmt, ist die Bestrafung des Melanthios dargestellt. An einer hohen Holzsäule ist er mit den Fiissen, die der von Philoitios in der vorhergehenden Scene herbeigebrachte Strick zusammenschnürt, aufgehangen; die Hände sind ihm auf dem Rücken gefesselt. Vor ihm steht, in der- selben Tracht wie in der ersten Scene, aber ausserdem mit Schild und Speer, Eumaios, durch die Hamensbeischrift EVMAloc gesichert. Dass er unbärtig erscheint, ist wohl nur Schuld der schlechten Form, welche die im Original fein ciselirten Haare nicht wiedergab. Er steht dem aufgehängten Melanthios zugewendet; der Augenschein lehrt und die Beischrift bestätigt es, dass er ihm die höhnenden Worte Od. / 195 199 zurufend zu denken ist. Im Hintergrund steht nach links gekehrt Philoitios mit Helm und Schild, darüber 4>IAolTI.£.

Die den Vorgang erläuternden Odysseeverse sind rechts von der Säule, also am linken Ende unserer Abbildung angebracht. Im Verein mit den oben genannten freund- lichen Helfern habe ich Folgendes entziffert:

SEIP . . AEPAEKT EIPHNANTE

KION ANY HAHNEPYSANPEAASANTEAOK

omTONAEPIKEPT PPoSEfDHEYMAI

ElYB.QTA-NYNMENAHMAAAPArXYMEA 5 AANOIENYKT A®YAAZEI£— EYNHENIMA AAKHKAT AAErMENOSflSCEEOIKEN nsoMENAYOIAEAEl.T . T AOEISENIAE Mt2

11

Die sechs ersten Zeilen enthalten die Odysseeverse y 192 196 asip[yv] os -KXex~[7jv ec ocoxoü -jsipyy'xvxs j xiov’ dv’ u['j<]r]X.7]v Ipoorav tc iXaadv ts oo/. j oicji. tov 6’ s7iixspx[o]xEüJv] 'äposrpy, Ivhx'zt £ außmxor vDv ;xsv Sy ixdXot Tidyyu, MsX | Xdv(ff)is, yuxxa cpoXaSstc,

süvrj evi [xa|Xax9j xocxccXlypsvoc, die ge soixsv. j Dann folgt nach dem die Auslassung mehrerer Verse anzeigenden Horizontalstrich in den beiden letzten Zeilen y 200

ci>; o |xsv ao&i XsXei[tt]x[o] xahslc evi Se | [g];xüL Schreibfehler finden sich drei: Ttpooscpyj in Z. 3 für irposssr^ (V. 194); in MsXdv&ts ist das schon am Schluss von Z. 4 geschriebene A am Anfang von Z. 5 irrthümlich wiederholt; in Z. 7 ist oXoip vor svl Ssajxw ausgelassen. Das Jota des Dativs ist nirgend gesetzt: sovy, |x«Xaxyj, oej;x(T). Am Anfang jedes der beiden von Eumaios gesprochenen Verse steht innerhalb der Zeilen als eine Art Anführungszeichen ein Horizontalstrich.

Die dritte links folgende Scene, Athena in Gestalt des Mentor den Odysseus zum Kampf gegen die Freier anfeuernd, ist mit der zweiten aufs engste verbunden, so dass beide räumlich und zeitlich zusammenfallend gedacht sind. In der Odyssee spielt diese Scene auf der Schwelle des Männersals; auf dem Becher stehen Telemach und Odysseus hinter Eumaios, also in der Waffenkammer, sind mithin bei der Execution des Melanthios gegenwärtig, wie andererseits Eumaios und Philoitios dem Auftreten des ver- meintlichen Mentor beiwohnen. Offenbar hat der Künstler des Bechers deshalb beide Scenen zusammengezogen, weil er die Figuren der beiden Hirten nicht zweimal wieder- holen wollte.

Athena in Chiton mit gegürtetem Ueberschlag, gerüstet mit Helm, Schild und Lanze, tritt eilig an Odysseus heran, den Kopf nach links zurückgewandt und ebendahin mit ausgestreckter Rechten weisend. Sie ist in ihrer gewöhnlichen Erschei- nung dargestellt, da die Verwandlung in die Gestalt des Mentor sich natürlich bildlich nicht ausdrück en Hess. Odysseus in gegürtetem Chiton (oder Panzer) und Stiefeln, ge- rüstet mit Helm, Schild und Lanze, erscheint wie Athena nach rechts bewegt, während er, der Hand der Göttin folgend, nach links zurückblickt. Ueber ihm oayseys:. Rechts von ihm wird im Hintergrund Telemach, mit Helm und Schild gerüstet, sichtbar; er blickt, wie Athena und sein Vater, nach links. Ueber ihm THAEMAXos. Von dieser Gruppe ziemlich weit entfernt und durch die erläuternde Inschrift getrennt erblickt man über dem Eumaios der ersten Scene das Ziel der Blicke dieser drei Figuren, näm- lich in der geöffneten Saltlnire zwei Freier mit Helm und Schild, die mit der Rechten die Lanzen zum Stoss erheben. Ueber ihnen [p jNHSTHPES. Es ist möglich, dass diese Figuren gleichzeitig zur ersten Scene gehören, so dass die Scenenreihe vollständig in sich

9 *

12

selbst zurückläuft. Die einzelnen Scenen wären dann überhaupt nicht strenge geschieden, sondern jede würde mit zwei Figuren in die folgende übergreifen, so dass die Freier sowohl zur ersten als zur dritten, und Eumaios und Philoitios sowohl zur zweiten als zur dritten Scene gehörten.

Von den beigeschriebenen Odysseeversen lässt sich Folgendes erkennen:

TOICIA MOAON AoHNH

MENTOP MASHAEKAIAYAH

NTHNAOAYSEYSrHOHSENIA.QNKAIMYOON E/'EIPE YNONAPHNMNHCAIAE

5 TAPOIO0IAOIO OYKETIC* IT uA . . EYMF . . . OSEMPEAONOYA .... AAKHOIHOT AM®EAENHAEY Kf2 . E .

PJEYPATEPEIH

AAAA! EA . YPol . CPONPAP EMSTA

10 SOKAIIAE AHOIOST

OIEi\ANAPA . . AYCMEME . £ . .

Die ersten vier Zeilen und der Anfang der fünften enthalten die Verse / 205

bis 208

lotst o [btt’ dy^i'JixoXov [öoyaiyjp Atoc r^dlsv] ’Afl/]V7],

Al £VT0p[t BtOOJJtBVTj TjUBV OBjtxaC 7] OB XGU rJ.U0Tj ] V.

t fj v o’ ’OooaBÖs "i'rjh/jSBv iowv xal ;j.8&ov] I.snrejV Msviop, ajxjovov dprjv, piv^tja t 3’ sjTapoto tpi'Xoio.

Dann folgt nach einer zwischen der fünften und sechsten Zeile durch den üblichen Strich markirten Auslassung der Anfang der Rede Athenas / 226. 227

ooxbti a[o]t (y’, ’0)8[ucj]bu, |j.(b) ] . . [v]o; buttsoov ouo[s tis] tt/.xr', oiT] or’ | ezjxcp TAbvt] ksuxa)[X]e[v] | (ui BUTraiBpsir]

Der Schluss der achten Zeile ist nicht zu entziffern; dass Buchstaben dastanden, erscheint wahrscheinlich, obgleich ein sicheres Urtheil durch die rauhe Oberfläche des Gelasses sehr erschwert wird. Da die neunte Zeile mit einem neuen Vers anhebt, könnte nur das Bruchstück eines Hexameters dagestanden haben. Aber selbst für den Anfang von V. 228 svvdsxes Tpcusaatv sptapvao reicht der disponible Raum nicht aus. Höchstens für ip-apvczo ist Platz.

Z. 9 11, vor denen wieder der Horizontalstrich die Auslassung mehrerer Verse anzeigt, enthalten y 233. 234

dXX’ ®(y)b ö[s]opo, (ttb)7tov, u«p’ (e)u’ cstcS. [ so xott Tob [Ip^ov,

0<pp’ BtJoTjT (o)tO? t| Ot s(v) dv8p(a)[fft] OOÖ!ABv(b)e[<j]<j[iv]

Man sollte erwarten, dass zur Ergänzung des unvollständigen Satzes V. 235

Mlvxcup ’ÄX/.tuß'/]c susp'i'SGnx? dixoTtveiv

oder wenigstens das Subject Msvxoop gefolgt wäre, zumal Platz reichlich vorhanden ist. Doch ist unterhalb der elften Zeile keine Spur eines Buchstabens mehr zu erkennen. Wenn auf dem Original noch Zeilen folgten, so müssen sie schon in der Thonform nicht mit ausgedriickt gewesen sein.

Die horizontalen Anführungszeichen waren hier, wo zwei Personen sprechen, nur beim Anfang der Rede gesetzt. Die erste Zeile (Y. 205) ist offenbar mit Absicht so disponirt, dass das Schlusswort ’AOr'vr, gerade über die Figur der Göttin zu stehen kommt und auf diese Weise zugleich als Namensbeischrift dient. Von Schreibfehlern ist auch diese Inschrift nicht frei, namentlich am Anfang der Zeilen. So stand in ssi-sv Z. 4 (V. 207) zwischen den beiden E sicher noch ein Buchstabe, der freilich sehr undeut- lich ausgedrückt ist: am meisten gleicht er einem N, so dass der Künstler svstrsv ge- schrieben zu haben scheint. Am Anfang von Z. G stehen vor oc noch zwei bis drei ganz undeutliche Buchstaben, so dass ausser N sicher noch ein Buchstabe geschrieben war; vielleicht war E oder ME aus der vorhergehenden Zeile fälschlich wiederholt, also ME MENos. Der schlimmste Fehler am Schluss von Z. 9 (Y. 233) crcoiao für "a-c/.ao ist wohl durch die Enge des Raums verursacht. Das Iota ist gesetzt in XsuxtoXsvtot, weggelassen in TAsvt, und siöyjs; bei sora-spsO] ist die Sache nicht zu entscheiden.

B) 1 lerlin, König], Antiquarium J. N. 3161 r. Aus mehreren Stricken zusammengesetzt, aber so gut wie vollständig; von der figürlichen Darstellung fehlt nur Unwesentliches. Die Ornamentik des Fusses und des Randes ist dieselbe, wie bei A. Höhe 0,068; oberer Durchmesser 0,115. Aus Boiotien, ohne nähere Ortsangabe. Zeichnung von Lübice. S. Seite 14.

Die figürliche Darstellung, die wie bei A in drei Scenen zerfällt, illustrirt eine andere Episode des Freiermords, die Tödtung des Sehers Leiodes und die Be- gnadigung des Sängers Phemios und des Herolds Medon y 310 380.

Die erste Scene, die auf unserer Abbildung die Mitte einnimmt, zeigt den am Boden liegenden Leiodes, wie er Gnade flehend mit beiden Händen das Knie des Odysseus umfasst, während dieser, für seine Bitten taub, ihm das Schwert in den Nacken stösst, das dem Freier Agelaos im Todeskampfe entsunken ist; die Darstellung ist eine bis ins Einzelne genaue 'Wiedergabe der betreffenden Odysseeverse y 310 329 Aitwo'/j? o’ ’OoutJ7)os £its<J(Ju;j.svo? Xczßs yoovcov,

'/CU p.tv Xu330]J.SV0C £TiSa “TSpOcVTCf Wp0<37jü07..

Folgt die Rede des Leiodes und die Gegenrede des Odysseus, nach deren Schluss es heisst:

(öc apct cpoovrßou crpoc siX sto yz ipi ~ayzvQ xstuEvov, o p’ ’AyiXctoc 77ro-posrp/£ yap.7. £s

14

XTElVOjXZVOC ' T «o TOV '('£ OM'/l'J'J. IXS330V eXo(35 iV*

cp&öYY0jx£vou 3’ apa xou ys zc/'o/j xovqjstv i;xy'}/y Odysseus in Helm und Stiefeln, wie auf A, trägt hier deutlich die Exomis, wodurch seine Verwandlung in einen Bettler angedeutet sein soll. Bekanntlich findet sich das gleiche Motiv schon auf der Cornetaner Vase Mon. d. Inst. X 53, vermuthlich im Anschluss an Polygnot; vgl. auch Sarkophag-Reliefs II 150. Leiodes trägt nur eine über den rechten Arm geworfene Cldamys.

In der zweiten rechts anschliessenden Scene, die augenscheinlich als Gegenstück zur ersten gedacht ist, umfasst der Sänger Phemios das Knie des Odysseus, indem er sein Antlitz flehend zu ihm emporhebt. Odysseus, in derselben Tracht wie in der ersten Scene, holt mit erhobenem Schwert zum Schlag aus; aber Telemaeh, dessen unterer Theil durch eine Art Brüstung verdeckt zu sein scheint, wehrt ihm mit ausge- streckter Hand. Bewaffnet ist Telemaeh mit Helm, Speer und Schwert. Links neben Phemios steht seine Leier, die er, bevor er dem Odysseus zu Füssen Rillt, zu Boden stellt V. 341

|J.£53/)‘|'bc ZpTjTyjpO? tos Opovoo ap ppovjkou.

Und so zeigt denn in der That die Darstellung links neben der Leier den Krater und

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rechts hinter Odysseus den Sessel. Schon dieser einzelne Punkt beweist, dass auch in dieser Scene der Anschluss an den Wortlaut der Odyssee 1 . 330 356 ein möglichst enger ist. Die Brüstung, hinter der Telemachos zum Vorschein kommt, soll vielleicht die öpooöopT) vorstellen, an welcher Phemios beim Anfang der Episode steht V. 332 soiY] 5’ sv ysipsootv symv aopp-rpfa XtysTav a~(ZJ. Trap’ öpaoöupTjv. 2)

Wie in der Odyssee, so ist auch auf dem Becher die Begnadigung des Herolds Medon y 357 377 mit der des Phemios unmittelbar verbunden. Beim Anblick des Sängers, den er durch die Worte V. 356

toyso p.7)os xt xouxov dvcuxtov ooxcts yaXxip

vor dem tödtlichen Streiche des Odysseus bewahrt, gedenkt Telemachos auch des Pflegers seiner Jugend, des Herolds Medon, V. 357 ff.

xat xi)pox« Msoovxa acttoao psv, o? xs p.so ats't oixti) sv yu.sxsp«) xtjosoxsxo txcuoo? sövxo?,

51 07) JJ.7) puv STXSCßVS flUkoiXtO? 7)5 C>oßd>T7)?,

r^s aol dvxsßokTjosv dpivop-svop xaxa omiia.

Das hört Medon, der ganz in der Nähe unter dem Sessel versteckt liegt und, um noch sicherer geborgen zu sein, die Haut eines der geschlachteten Rinder übergezogen hat, V.361f. u>? cpoc'xo, xoü o 7)xooas Msötuv 7xs7xvop,sva stöuj?- 7X571X7)«)? yap 5X51X0 07X0 öpovov, dp/cl os osppa soto ßod? vsooapxov, akuoxtov xTjpa p.sXcuvav.

Schnell kriecht er unter dem Sessel hervor, wirft die Rinderhaut ab und umfasst flehend die Kniee des Telemachos V. 364 IT.

afycc o o7xo öpovoo «ipxo, ßoö? o aTxsSuvs ßosujv,

T‘/]Xsaayov ö’ ap’ sbrsixa 7xpooat£a? Xdßs yodvaiv, xai pav Xtaadjisvo? stxsoc Trxsposvxa 7xpoa7jüöa- «) cpt'X’ , 5-,'to jxsv do’ staf, ab o’ fayso st’xxs os Txaxpi p/yj ;j-s Txsptaösvsojv orpo) cT5xai b;st yaXxto, ävopöiv p.vr(ax7)p(«v xsyoXmp-svo?, of ot sxstpov xxTjaax’ svi usydpop, as os v7)7xtot ooosv sxtov, worauf ihn Odysseus beruhigt und ihm das Leben schenkt V. 37 1 f.

xov o 57xi(a.sto7)aa? xxpoosc or) 7xoXöp.7)xt? ’OooocJsb?

Ödpost, 57X5107) o’ ooxo? spooaxo xat eoaiuosv.

Diesen Vorgang also stellt, wieder mit grösster Treue, die dritte Scene dar, die auf unserer Abbildung die linke Ecke einnimmt. Unter dem Sessel, der die zweite Scene

2) Vgl. auch das Hermes XXV S. 429 Bemerkte.

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rechts abscliliesst, kriecht nach der anderen Seite hin Medon hervor, Kopf und Rücken noch mit der Rinderhaut bedeckt, und umfasst mit der Rechten das Knie des Telemachos. Dieser steht in aufrechter Haltung, die Rechte auf die Lanze gestützt, mit Helm, Panzer und Schwert gerüstet, ruhig da, den Blick auf den Flehenden gerichtet. Hinter ihm kommt eiligen Schrittes Odysseus heran, in der gleichen Tracht wie in den beiden anderen Scenen , an der Seite das Schwert, in der Rechten den Speer. Obgleich das Relief an dieser Stelle stark beschädigt ist, erkennt man doch noch seine vorgestreckte linke Hand; ohne Zweifel hat man sich vorzustellen, dass er eben dem Herold die tröstlichen Worte zuruft.

Die Figuren des Odysseus und des Telemach war der Künstler zweimal darzu- stellen genöthigt, da sie Medon gegenüber in ganz anderer Haltung, als gegenüber Phe- mios, erscheinen mussten. Dagegen gehört der Sessel sowohl zur zweiten wie zur dritten Scene. Wir haben hier also ein ganz ähnliches Verfahren, wie wir es auf A bei den Figuren des Philoitios und des Eumaios mit Sicherheit, bei denen der Freier mit Wahrscheinlichkeit constatiren konnten.

Wie bei A, so ist auch hier der Grund zwischen den Relieffiguren dicht mit Inschriften bedeckt, und zwar sind es, wie dort, theils Namensbeischriften einzelner Figuren, theils Verse aus der Odyssee. Doch sind die Buchstaben so stumpf abgedrückt und so verrieben, dass sie sich von der rauhen Oberfläche des Bechers kaum unter- scheiden lassen. So konnte ich denn, als im Herbst 1889 die Zeichnung für unsere Abbildung angefertigt wurde, weiter Nichts entziffern, als in der ersten Scene über dem Krater \EIHA. £ das ist (A)cu63[y) |%. Herr Rübke hingegen, dessen Auge durch die Wie- dergabe von A eine ausserordentliche Hebung erlangt hatte, glaubte schon damals auch innerhalb der Zeilen, die, wie man nach Analogie von A von vorn herein anzunehmen berechtigt war, Odysseeverse enthalten mussten, einzelne Buchstaben zu erkennen, die er denn auch in seine Zeichnung eingetragen hat. Als ich dann im Herbste dieses Jahres den Bechern während mehrerer Wochen ein erneutes Studium widmete, schärfte sich mein eigenes Auge allmählich so weit, dass ich wenigstens von zwei Inschriften hin- reichend genug erkennen konnte, um die Verse zu identiflciren; es sind dies die Bei- schriften der ersten und der dritten Scene. Die Beischrift der ersten Scene besteht aus sieben Zeilen, von denen die beiden unteren durch die rechte Hand des Odysseus unter- brochen werden. Hier lese ich links zwischen Hand und Kinn, zum Theil in Uebercin-

stimmung mit Rübke d. i. die Namensbeischrift ’OSjVja [a]s6[.:|. Die Verse setzten

sich also nur rechts von der Hand fort. Ich glaube Folgendes zu erkennen:

AE . n . . z NftNKAI . .

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®ß ®o

Tfil ATAYXEN

EMIXOH

Zunächst ist klar, dass die Zeilen 4 7 die Schlussverse der Episode 328. 329 enthielten

tu>i [xov "(£ x]a~’ abyiv[a jj-sgctov ekctsaev cphi^Yop-svoo o’ apaj xoö 7s xap7j xovi^aiv] | sjju'yöyj.

Der zwischen Z. 3 und 4 stehende Strich beweist, dass hier mindestens ein Vers über- sprungen ist, und in der Tliat enthielt Z. 3 offenbar den grössten Theil von Y. 32(3

cücuv[y]cjc(c Et]rx>o[s aiksto ysip! rraysrfl].

Ebenso ist sicher, dass V. 310 die erste und den Anfang der zweiten Zeile einnahm.

As[i](o[Ö7j]c [ö’ ’OooaTjO; £~3(3au|j.Evo? Xaßs 7oö][v(ov und dass darauf wenigstens der Anfang von V. 311 folgte

xa ( [|j.iv Xiaaöusvoc] ,

aber für den Schluss des Verses reicht der disponible Raum nicht aus, da die Zeilen- länge 29 34 Buchstaben betrug. Dazu kommt, dass am Ende der Zeile auch noch der Anfang von V. 326 &; öipa gestanden haben muss. Der Vers 311 muss also in irgend einer Weise verstümmelt gewesen sein. Vermuthlich stand xou u.iv Xtaaojxevo; Trpoayjooa da. Somit würde die ganze Beischrift etwa folgendermassen ausgesehen haben: Ae[i] to[8yj]? [0’ ’Oooayjoc STtsacJopivo:: Xaßs 706] va>v x ai ( jj.iv Xtaaö(j.£vo; TrpoaifjoSa. töc apa]

9w[v7]aac £(]®o[c eikexo ysipt Tzayzvq\ x Sn [xov 73 x]otx’ airysv[a p.saaov ekacfGsv oÖ8770jxsvou 0’ apa xou 7s y.rJ.rjrt xovußSiv] tpr/bri.

Von der Beischrift der dritten Scene, die ihre Stelle zwischen dem Sessel und der Figur des Telemachos hat, glaube ich Folgendes entziffern zu können:

ß HKOYS . m . . .

PEPNYMEN

A ONON

NA

5

A . . . . N

XON . . . . P

. ßN

Winckelmanns-Programm 1890. 3

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Das genügt, um die Verse 361 365 zu erkennen:

% xrj6 3’] y/.oua[s] M [iöcov]| ir£Trvu|jL3v[a siooj?-

TtsTrtYjw; 7]]a[p exsixo 6-0 ilpjovov, [dp.cpl os~os|pp.oc

£CJIO ßoÖC V£007.pT0]v, d[X | U3X0)V XYjpOC [i.shcUV7V.

ahjcx o 6-6 |&povou (Lp to, ßoo? 6’] d[its6u]v[s ßosfyv Tyjksfjia] | /ov [6’ dp’ e] -[sixa -poj cu£occ Xaßs *|'ou|v](uv.

Da die Worte Opovou r^Xs;j.c< (V. 364. 365) für eine Zeile entschieden zu lang sind, so muss hier irgend ein Schreibfehler untergelaufen sein. Vielleicht war ßosfyv ausgelassen.

Ob zwischen Telemach und Odysseus auch eine Beischrift stand, wage icli nicht zu entscheiden; möglicherweise täuscht hier die rauhe Oberfläche. Einzelne Buch- staben lassen sich jedenfalls nicht erkennen. Doch würde ein Theil der Rede des Odysseus / 371 377 hier schicklich ihren Platz gehabt haben können.

Sicher hingegen stand über der zweiten Scene zwischen den Köpfen des Odysseus und des Telemachos eine Beischrift, von der ich jedoch Nichts entziffern konnte. Das A, das Lücke in der ersten Zeile zu erkennen meint, könnte das A oder A von TEPPIAAHS (V. 330) sein; denn etwas anderes als V. 330. 331. 340—342 hat an dieser Stelle gewiss nicht gestanden. Endlich glaubt Li: bk e auch noch links -von dem Sessel Spuren vertikal laufender Inschriftzeilen zu erkennen; ich wage bei dem gerade an dieser Stelle besonders rauhen Zustand der Oberfläche nichts zu entscheiden, doch wird man zugeben, dass an dieser Stelle die Rede des Telemachos V. 354f. um so passender sein würde, als die rechts von dem Sessel folgende Beischrift 16c ©axo un- mittelbar darauf Bezug nimmt. Rübke glaubt eine kurze, durch die Lehne des Sessels coupirte und vier lange Zeilen zu erkennen. Was er in der zweiten Zeile liest, ST . . E könnte der Rest von [T]s T [y.jsfpVyoio] (V. 354), TIY am Schluss der dritten Zeile der Rest von [mt]x£p[a] sein. Dann aber hört jede Möglichkeit der ldentificirung auf; B im Anfang der 5. Zeile lässt sich nicht unterbringen und AS am Schluss könnte nur durch die Conjectur AE zu [ooxjccs (V. 356) ergänzt werden. Mir selbst ist es trotz viel- facher Bemühung nicht gelungen, an dieser Stelle auch nur einen Buchstaben mit einiger Sicherheit festzustellen.

In Stil und Charakter sind diese beiden Odysseebecher einander so ähnlich, dass sie resp. ihre Originale nicht nur demselben Künstler zugewiesen werden müssen, son- dern auch trotz des geringen Unterschieds in den Dimensionen als Pendants gelten dürfen. Wahrscheinlich gehören sie zu einer ganzen Garnitur von Bechern mit Odyssee- Darstellungen. Wollte man freilich in dieser Weise die ganze Odyssee illustriren, so würden viele hundert Becher nöthig gewesen sein, da die beiden erhaltenen zusammen nicht einmal anderthalb hundert Verse ropräsentiron. Doch steht der Annahme nichts

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im Wege, dass ein einzelner Abschnitt, wie der Freiermord, in seinen einzelnen Episoden auf einer Garnitur von Gebissen illustrirt war.

Schwieriger und zugleich wichtiger ist es, die Zeit der Becher zu bestimmen. Es kann sich hierbei natürlich nur um die Originale handeln, denn die Zeit, in der die Formen genommen sind, ist für uns unbestimmbar und überdies gleichgültig. Bei diesem Versuch haben wir theils den Charakter der Darstellung selbst, theils den der Inschriften in Betracht zu ziehen. Als obere Zeitgränze ist selbstverständlich die Alexander-Periode gegeben. Denn vorher kann von einer bildlichen Erzählung in einem Cyclus von Scenen, wie ihn wenn auch in beschränkterem Umfang unsere Becher aufweisen, nicht wohl die Rede sein 3). Damals aber malte Theon von Samos sein bellum Iliacum pluribus iabulis (Plin. 35, 138); es folgt ein Jahrhundert später das Prachtschiff des zweiten Hieron mit seinen Mosaiken, in denen xa-sa/soocauivo? ~b.: 6 rapl ~ry Radoa pufloc Daop-aaiw; (Athen. V 207 d), und weiter in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts der allerdings einen anderen Mythos behandelnde, aber seiner ganzen Tendenz nach unbedingt hierher gehörige Telephos-Fries des pergamenisclien Altars4). Daran reihen sich dann die „Bilderchroniken“ der julischen Zeit und weiter die Siegessäulen und die my Biographischen Sarkophage des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts.

Man sieht, nicht allein in der gesammten hellenistischen Periode, sondern auch noch in den beiden ersten Jahrhunderten der Kaiserzeit sind diese kyklischen Mythen- darstellungen herrschend. Ist es möglich innerhalb dieses ein halbes Jahrtausend um- fassenden Zeitraums die Becher genauer zu fixiren? Gewiss werden die meisten Be- trachter schon auf den ersten Blick geneigt sein, sie der hellenistischen Zeit zuzu- weisen; allein bei dem Mangel an sicheren stilistischen Indieien kann dieser erste Ein- druck wenig beweisen, zumal die Verriebenheit und Stumpfheit der Reliefs die feineren Formen nicht erkennen lässt. Auch die Betrachtung des Details führte nur wenig weiter. Der Krater auf B hat allerdings dieselbe Form, wie die Thonkratere tarentinischer Fabrik, aber bekanntlich haben auch noch die Marmorkratere der römischen Kaiserzeit ganz ähn- liche Formen. An der Ausrüstung der Krieger fällt zunächst das Fehlen der Beinschienen und ihr Ersatz durch hohe Stiefel auf. Dies weist zunächst wieder nur im allgemeinen auf die Zeit nach Alexander. Auch auf dem Telepliosfries fehlen die Beinschienen vollständig, doch sind die dort dargestellten Stiefel wesentlich anders, wie die auf den Bechern. Dagegen tragen auf der bekannten mediceisclien Marmorvase5) zwei der

3) Vgl. Bild und Lied S.46; Heldig Untersuchungen über die campanische Wandmalerei S. 130.

4) S. Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen archäologischen Instituts II 1887 S. 244 f. III 188S S. 45 f. und S. 87 f.

5) Dütschke Antike Bildwerke in Oberitalien III 537; Oal/er. cli Firenze IV tav. 156; Wiener Yorlegeblätter V Tat. 9; vgl. zuletzt Hauser Die neu-attischen Reliefs S. 75 No. 108.

Helden ähnliche mit Laschen versehene Stiefel, was um so beachtenswerter ist, als auch die Helme denen auf dem Becher entsprechen. Fiir eine genauere chronologische Fixirung ist damit freilich nicht viel gewonnen, da auch dieser Marmorkrater, den Hauser seinen „neu-attischen“ Reliefs zuzählt, sich einer bestimmten Datirung entzieht. Immer- hin ist es von Interesse zu constatiren, dass er auch seiner freilich noch ungedeuteten Darstellung nach in denselben Kreis, wie die homerischen Becher, gehört.

Weiter bringt uns eine Betrachtung der Ornamentik und der Inschrift. Das streng stilisirte Flechtband und die ebenso strenge Rosette sind von der aus zahl- reichen Beispielen bekannten naturalistischen Decoration der Augusteischen Zeit noch weit entfernt. Was die Buchstabenform anlangt, so findet sich allerdings bereits A mit gebrochenem Querstrich, dessen Vorkommen indessen jetzt bereits für das dritte Jahr- hundert constatirt ist, dann aber MCPk und die